Interview: So reduzierte die Tina Voß GmbH die Verwaltungszeit um 30 %
Schon 2009 startete die Tina Voß GmbH, Personaldienstleister aus der Region Hannover, ihr wichtigstes Digitalisierungsprojekt: die Einführung der Digitalen Personalakte. Im Interview verrät uns die Leiterin der Personalverwaltung Gabi Rodieck, wie ihr Arbeitsalltag vor dem Verschwinden der über zwei Meter hohen Personalaktenrondelle aussah, was bei der Digitalisierung der Personalakten zu beachten ist und ob ihre Erwartungen an die Digitale Personalakte erfüllt wurden.
Gabi Rodieck, Leiterin der Personalverwaltung der Tina Voß GmbH
tutum: Wie sah euer Arbeitsalltag vor der Einführung der Digitalen Personalakte aus?
Gabi Rodieck: Wir hatten Personalakten in Papierform. Bei uns im Büro standen vier riesige Rondelle, in denen die Akten aufbewahrt wurden. Es war ein enormer Papier- und Zeitaufwand, die Unterlagen abzulegen. Das war viel händische Arbeit und hat viel Zeit gekostet. Auch der Platzaufwand war enorm. Wir hatten einen angemieteten Archivraum, in den wir die Akten gebracht haben. Aber der war nicht unmittelbar hier im Büro. Das war sehr aufwendig. Wenn beispielsweise ein Mitarbeitender, der im vorletzten Jahr ausgeschieden war, eine Bescheinigung brauchte, sind wir wieder ins Archiv gegangen. Ein enormer Aufwand, mit dem man keine neue, junge Kollegin hinterm Ofen hervorlockt. Alles noch in Papierform, nichts mit Digitalisierung.tutum: Das wolltet ihr ändern und habt euch auf die Suche nach einer neuen Lösung gemacht.
Gabi Rodieck: Genau, wir wollten eine andere Lösung. Haben gesucht und sind dann auf die Digitale Personalakte gekommen.
tutum: Wie seid ihr bei der Einführung der Digitalen Personalakte vorgegangen, habt ihr euch auf den Prozess vorbereitet?
Gabi Rodieck: Ja, eine gute Vorbereitung ist total wichtig. Wir haben uns gefragt, wie wir die Digitale Personalakte aufbauen wollen. Wir haben uns viele Gedanken gemacht, alles gut nachvollziehbar zu strukturieren. Wir wollten eine transparente Struktur, an die sich jeder halten sollte. Beispielsweise wie was betitelt wird. Das ist sehr wichtig. Das haben wir dann so eingeführt.
tutum: Ist euer Plan aufgegangen? Wie sah euer Einstieg in die Digitale Personalakte aus?
Gabi Rodieck: Es lief wirklich schon von Anfang an gut. Man hat alles sofort griffbereit und kann die Unterlagen mit einem Klick archivieren. Nun war auch eine Verlässlichkeit da, weil der Fehlerquotient deutlich geringer ist, als wenn man alles per Hand ablegen muss - bei uns zumindest. Die unbeliebte Ablage hat man nicht gerne gemacht. Die haben wir oft Richtung Feierabend geschoben. Aber die Konzentration war dann nicht mehr so hoch. Dadurch passierten manchmal Fehler.
Es lief wirklich schon von Anfang an gut. Man hat alles sofort griffbereit und kann die Unterlagen mit einem Klick archivieren.
tutum: Wann war das Vertrauen in das neue System groß genug, um auf Papier zu verzichten? Wann habt ihr eure Papierunterlagen vernichtet?
Gabi Rodieck: Das ging schnell. Wir haben uns immer wieder kontrolliert und gemerkt, das funktioniert. Wichtig ist, von Anfang an auf Disziplin und Struktur zu achten. Jeder muss Unterlagen unter denselben Begriffen erfassen, sodass man alles wiederfindet. Sonst entsteht ein Kuddelmuddel und es funktioniert nicht. Das haben wir in der Anfangszeit stark kontrolliert. Auch immer noch mal geschaut, ob alle Unterlagen vorhanden sind. Nicht, dass einem beim Scannen irgendwo ein Fehler unterlaufen ist. Solche Prüfungsvorgänge machen wir jetzt immer noch. Aber wir haben schnell aufgehört, Dokumente in Papierform aufzubewahren.
Wir haben schnell aufgehört, Dokumente in Papierform aufzubewahren.
tutum: Wie handhabt ihr die Aktenkontrollen genau?
Gabi Rodieck: Wir machen sporadisch Aktenkontrollen. Jeder schaut auch bei einer Kollegin, ob alles ordentlich eingescannt ist. Zusätzlich machen wir eine Aktenkontrolle, wenn ein Mitarbeiter unser Unternehmen verlässt. Wir schließen die Personalakte ab, indem wir eine digitale Austrittscheckliste händisch abhaken. So gehen wir sicher, dass wir alle Unterlagen haben und die Akte abgeschlossen und vollständig ist.
tutum: Dadurch, dass ihr seit vielen Jahren papierlos arbeitet, habt ihr schon etliche Prüfungen durch Rentenversicherungsträger oder Zoll durchlaufen. Wie sind die abgelaufen? Wie seid ihr mit der elektronischen Personalakte dort wahrgenommen worden?
Gabi Rodieck: Da sind wir auf sehr gute Resonanz gestoßen. Es ist so, dass wir den Prüfern eine Art Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt haben. Bei der letzten Prüfung der Bundesagentur für Arbeit saß ich neben den Prüfenden und habe ihnen den Aufbau gezeigt. Wir sind die Akte gemeinsam durchgegangen und die beiden Prüfer haben sich alles angesehen. Es ist ein beruhigenderes Gefühl als bei früheren Prüfungen, weil man weiß, alles ist da. Man denkt nicht mehr, hoffentlich ist diese Personalakte vollständig. Natürlich kann auch bei einer digitalen Akte etwas fehlen, aber sie ist klar strukturiert. Man weiß sofort, wo was ist.
tutum: War Schulungsaufwand für die Prüfenden nötig?
Gabi Rodieck: Nein, überhaupt nicht. Die Digitale Personalakte ist selbsterklärend. Wenn man eine gute Struktur reinbringt, sieht man sofort, was sich hinter welchem Begriff verbirgt.
Die Digitale Personalakte ist selbsterklärend.
tutum: Wie gehen neue Kolleginnen mit der Digitalen Personalakte um?
Gabi Rodieck: Die Struktur, die wir den Personalakten gegeben haben, ist total gut überschaubar. Die Begriffe sind selbsterklärend. Das macht eine Einarbeitung von neuen Kollegen sehr einfach. Die standardisierten Arbeitsabläufe tragen auch dazu bei. Jeder weiß, was zu tun ist. Die Prozesse sind transparenter.
tutum: Wie geht ihr mit wichtigen Dokumenten wie Arbeitsverträgen, Abmahnungen, Kündigungen und so weiter um? Wandern die in den Aktenvernichter?
Gabi Rodieck: Bei Arbeitsverträgen und ähnlichem haben wir nur noch eine einfache Ausführung. Das heißt, die Mitarbeitenden kommen zu uns zur Vertragsunterzeichnung und wir drucken den Arbeitsvertrag einmal aus. Der zukünftige Mitarbeiter unterschreibt und wir scannen den Vertrag ein. Den unterzeichneten Originalvertrag erhält die neue Kollegin. Wir kontrollieren immer, ob wir alles korrekt in eingescannter Form vorliegen haben. Nicht, dass uns der Scanner im Stich lässt. Dann legen wir die Unterlagen sofort in der Digitalen Personalakte ab und können die Akte anlegen.
💡 Info: Die Papierform oder Schriftform ist bei Arbeitsverträgen, Kündigungen und Abmahnungen zwingend notwendig. Das heißt, diese Dokumente müssen ausgedruckt und handschriftlich unterschrieben werden. Die Aufbewahrung dieser Unterlagen aber ist dem Steuerpflichtigen oder Nachweispflichtigen selbst überlassen. Der Vertrag, der ursprünglich in Papierform unterzeichnet wurde, kann durch ein standardisiertes Scannverfahren digital archiviert werden und muss nicht im Original aufbewahrt werden.
tutum: Welche Ergebnisse konntet ihr mit der Digitalen Personalakte in eurer Verwaltung erzielen?
Gabi Rodieck: Ja, das erste Ergebnis sieht man ganz klar: Das ist die Zeitersparnis, weil man nichts mehr händisch ablegt. Ich habe das überschlagen und denke, dass es ungefähr 30 Prozent Zeitersparnis in der Verwaltung sind. Denn die Tätigkeitsnachweise und die Unterlagen, die nicht automatisch erkannt werden, ziehen wir einfach mit Drag-and-drop in die Personalakte rüber. Da steht keiner mehr auf und setzt sich woanders hin, um irgendwelchen Papierkram abzuheften. Es kommt häufig vor, dass Mitarbeitende Unterlagen noch mal benötigen, etwa Lohnsteuerbescheinigungen. Die haben wir in der elektronischen Personalakte, laden sie mit einem Klick runter und stellen sie dem Mitarbeitenden dann zur Verfügung. Auch da rennt keiner mehr durchs ganze Haus und sucht Unterlagen. Dann natürlich der enorme Platzaufwand, der jetzt wegfällt, weil wir keinen Archivraum und keine Rondelle mehr hier stehen haben. Es ist alles digital und dadurch haben wir null Quadratmeter Platzaufwand.
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